Über Safe Spaces, LGBTQ-Engagement und die Rolle der Kirche in einer sich wandelnden Gesellschaft

Interview mit Michel Rudin, Mitglied des Rates EKS 

Michel Rudin, Ratsmitglied der Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz EKS, engagiert sich seit Jahren für die Anliegen der LGBTQ-Community. In der Kirche setzt er sich aktiv für Inklusion und Diversität ein. Anlässlich der Veranstaltung «Vo Brot, Wy und Sy.» am 24. September 2024 im Berner Münster spricht Rudin über die Bedeutung von Safe Spaces in kirchlichen Räumen, die Herausforderungen und Chancen für LGBTQ-Personen in der Kirche und erläutert, warum die Kirche eine führende Rolle im gesellschaftlichen Wandel einnehmen sollte, anstatt lediglich zu reagieren.

Herr Rudin, die Veranstaltung «Vo Brot, Wy und Sy.» beschäftigt sich mit der Schaffung von Safe Spaces innerhalb der Kirche. Was bedeutet für Sie persönlich ein Safe Space, und wie sehen Sie die Rolle der Kirche in der Förderung solcher Räume, insbesondere für die LGBTQ-Community? 

Unsere spannende, aber auch hektische Gesellschaft bietet ja viel Zerstreuung, aber in der Kirche komme ich zur Ruhe. Gerne teile ich das mit vielfältigen tollen Menschen und erlebe mit ihnen Gemeinschaft. Und genau das muss aus meiner Sicht die Kirche sein. Ein Ort für alle, mit positiver Energie und integrierend.  

Als Ratsmitglied der EKS und als jemand, der sich für LGBTQ-Anliegen engagiert, wie haben sich Ihrer Meinung nach die Perspektiven und der Umgang der Kirche mit LGBTQ-Themen in den letzten Jahren verändert? Gibt es noch Hürden, die Sie überwinden möchten? 

Es gibt in den letzten Jahren viele gesellschaftliche Fortschritte im Bereich LGBTIQ. So hat sich auch die Synode für die «Ehe für alle» ausgesprochen. Doch mir scheint es wichtig, noch weiterzugehen. Die Kirche sollte der Ort für alle sein. Ein Vorbild für die Gesellschaft und keine abwartende Institution, die gesellschaftliche Inklusion im Nachhinein nachvollzieht, wenn sie die Gesellschaft schon verhandelt hat. Das ist auch der Grund, warum viele LGBTI-Menschen nach wie vor skeptisch gegenüber der Institution Kirche sind. Sie war eben nicht immer für sie da. Im Gegenteil: sie hat sie ausgegrenzt. Ein Umstand der notabene im Kontrast zur Lehre Jesus steht, jedenfalls wie ich sie lese. Er war für die Schwächsten da und war nicht Teil der sogenannten feinen Gesellschaft.  

In Ihrer Rede bei der Veranstaltung sprechen Sie zum Motto «Himmel und Erde in Bewegung setzen…». Können Sie uns einen Einblick geben, welche konkreten Schritte Ihres Erachtens die Kirche gehen sollte, um sowohl spirituelle als auch gesellschaftliche Veränderungen herbeizuführen? 

Mir scheint es wichtig, dass wir uns auf unsere Kompetenzen berufen. Kirche ist Glauben und Spiritualität. Sie bedient also Urbedürfnisse der Menschen. Wenn wir das offen und inklusiv leben, entsteht eine ganz eigene Dynamik und Kraft.  

Die Veranstaltung bringt Menschen aus Politik, Wirtschaft, Kunst und Kirche zusammen, um über Besinnlichkeit und Ethik im Alltag zu sprechen. Wie wichtig ist Ihnen der interdisziplinäre Dialog, und was erhoffen Sie sich von diesem Austausch für Kirche und Gesellschaft? 

Es gibt nur eine Gesellschaft. In der Kirche müssen wir den Menschen die Möglichkeit geben, sich zu zeigen. Mich freut das sehr, dass es uns gelungen ist. So entsteht ein Dialog über diverse Gräben und wir bauen Brücken.  

Abschliessend, wie versuchen Sie, diese Inspiration in Ihrer Arbeit innerhalb der Kirche und in Ihrem Engagement für die LGBTQ-Community umzusetzen? 

Ich bin ein Gemeinschaftsmensch. Ideen teilen, gutes Essen, ein Lied singen in einer Kirche- es braucht nicht viel und ich fühle mich zuhause.  

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Stephan Jütte

Dr. theol.

Leiter Theologie und Ethik
Mitglied der Geschäftsleitung

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