AI-Theology  

Eine Auskunft

AI: Hallo Mensch, ich bin ein GPT-betriebener AI-Chatbot. Frag mich alles! 

Frank Mathwig: was ist reformierte theologie? 

AI: Reformierte Theologie ist eine theologische Strömung innerhalb des Christentums, die auf den Ideen der Reformation des 16. Jahrhunderts basiert. Sie betont die Autorität der Bibel, die Souveränität Gottes und die Bedeutung der Gnade für die Erlösung des Menschen. Reformierte Theologie hat auch einen starken Einfluss auf die protestantische Ethik und die Entwicklung der westlichen Kultur gehabt. 

FM: was bedeutet autorität der bibel? 

AI: Die Autorität der Bibel bedeutet, dass die Bibel als das inspirierte und unfehlbare Wort Gottes betrachtet wird. Reformierte Theologie betont, dass die Bibel die höchste Autorität in allen Fragen des Glaubens und der Praxis hat und dass sie die Grundlage für alle Lehren und Überzeugungen der Kirche bildet. Dies bedeutet, dass die Bibel als die endgültige und unveränderliche Quelle der Wahrheit angesehen wird, auf die sich Christen verlassen können, um Gottes Willen und Absichten zu verstehen. 

FM: was meint souveränität gottes?

AI: Die Souveränität Gottes bezieht sich auf die Vorstellung, dass Gott allmächtig, allwissend und allgegenwärtig ist und dass er die Kontrolle über alle Dinge hat. In der reformierten Theologie wird betont, dass Gott absolut souverän ist und dass er alle Ereignisse und Umstände in der Welt kontrolliert, einschliesslich des Schicksals jedes einzelnen Menschen. Dies bedeutet, dass Gott nicht nur die Schöpfung erschaffen hat, sondern auch aktiv in ihr wirkt und dass alles, was geschieht, Teil seines göttlichen Plans ist. Die Souveränität Gottes ist ein zentraler Glaubenssatz in der reformierten Theologie und hat Auswirkungen auf die Art und Weise, wie Christen ihr Leben führen und ihre Beziehung zu Gott verstehen. 

FM: warum braucht es für die erlösung der menschen gnade? 

AI: Something went wrong 

FM: was ist gnade? 

AI: Something went wrong 

FM: warum brauchen menschen erlösung? 

AI: Something went wrong 

Grenzen der AI

Die Originalzitate stammen aus einer Abfrage vom 20. Mai 2023 mit dem GPT-Modell 3.5 Turbo von OpenAI und basiert auf Wissen und Informationen bis zum September 2021. Die in die allgemeinen Antworten eingestreuten Superlative legen eher einen amerikanisch-enthusiastischen als europäisch-nüchternen Hintergrund nahe. Die theologischen Behauptungen lassen sich von keiner Theodizee-Frage irritieren, vielmehr werden sie im Anschluss an Max Weber durch die politische Erfolgsgeschichte reformierter Theologie bestätigt. Der kleine Dialog bestätigt unsere Erfahrungen im Alltag und in theologischen Examina: Der Teufel steckt im Detail. Was in einer Prüfungssituation den Pulsschlag in die Höhe treibt, wirkt beim AI-Chat umgekehrt beruhigend: Der Algorithmus scheitert an den entscheidenden Fragen. Anders als Garri Kasparov, der seinen Kampf auf dem Schachbrett für die «Ehre der Menschheit» gegen den Supercomputer Deep Blue verlor, zeigt ein viertel Jahrhundert später die Theologie der AI ihre Grenzen auf. Die vermeintliche theologische Ehrenrettung entpuppte sich später als Serverproblem. Was der Algorithmus wusste, wurde vom System nicht weitergegeben. Die nachträgliche Klärung der Ursache des Kommunikationsproblems ändert aber nichts an der Kommunikation, wie sie stattgefunden hat. 

autobegnadigende Selbsterlösung

Der Turmbau zu Babel, seit jeher das Doppelsymbol für menschliche Kultur (Sprachverwirrung) und kreative Hybris (Scheitern des Bauprojekts), funktioniert immer noch als Fels theologischer Technikkritik. Der AI fehlt offensichtlich der Geist, der die Jerusalemer Tourist:innen damals am jüdischen Erntedankfest (Schawuot), dem späteren christlichen Pfingsten, dazu befähigte, hinter die babylonische Sprachverwirrung zurückzugehen und die Botschaft unabhängig von ihrer kulturellen Herkunft zu hören. Gegen den babylonischen Algorithmus «something went wrong» sticht die pneumatologische Karte «‹something went wrong› but nothing».

Nur was als erlösungsbedürftig erkannt wird, kann Gegenstand der Bitte um Gnade und Erlösung werden. 

Es kann nur darüber spekuliert werden, warum Chat-GPT so gar nichts zu den zentralen theologischen Topoi «Gnade» und «Erlösung» einfällt: vielleicht, weil das digitale Netz «gnadenlos» jedes Vergessen verweigert oder weil uns der Mikrochip längst von mühseliger Kopf- und Handarbeit «erlöst» hat; vielleicht, weil der Algorithmus konsequent auf Wissen konditioniert ist, aber Gnade und Erlösung gerade nicht gewusst werden können oder vielleicht auch, weil nur der Absturz des Programms eine «Gnade» oder das Abschalten der Hardware eine «Erlösung» wären. Freilich wäre die Unterbrechung der Stromzufuhr aus reformierter Sicht ein unerträglicher Akt autobegnadigender Selbsterlösung. Umgekehrt würde das Vertrauen in die Selbstkontrolle des Algorithmus das nächste blasphemische Dilemma aufwerfen, weil die AI dann Gott als Vertrauensinstanz ersetzt hätte. Natürlich begegnen hier die gesuchten Begriffe in unterschiedlichen Verwendungsweisen. Aber für alle Kontexte gilt, dass ihre Bedeutung wesentlich von der Beschreibung der Situation abhängt, in der Gnade erhofft und Erlösung gesucht wird. Nur was als erlösungsbedürftig erkannt wird, kann Gegenstand der Bitte um Gnade und Erlösung werden. 

Kann AI Theologie?

Ungeachtet solcher Glasperlenspiele stellt sich die Frage nach der AI als theologisches Subjekt. Kann ein Algorithmus theologische Aussagen machen? Eine Antwort hängt davon ab, was unter Theologie verstanden wird. Theologie als sprachlich gefasste intellektuelle Tätigkeit, die wesentlich aus der Kombination und dem Weiterführen zitierter Texte und Äusserungen besteht, könnte auch von einem Algorithmus übernommen werden. Ungleich herausfordernder ist ein Verständnis von Theologie als Funktion der Kirche (Karl Barth), bei der die Reflexionsarbeit konstitutiv in die Kirche, nicht nur als soziale Gemeinschaft, sondern als Schöpfung aus Gottes Wort (Joh 1,14) und gemeinschaftliche Glaubenspraxis eingebunden ist.

Spätestens beim Empfang des Abendmahls streikt das Gerät

Spätestens beim Empfang des Abendmahls streikt das Gerät. Schliesslich verlässt sich eine pneumatische Wort-Gottes-Theologie genauso wenig auf die intellektuellen Fertigkeiten der sprechenden oder schreibenden Person, wie auf die Komplexität einer informationsverarbeitenden Software. Alles hängt ab vom Geist Gottes, der allerdings «weht, wo er will» (Joh 3,8) – unter Umständen auch in einem Algorithmus? Stand nicht die Arche als Prototyp aller Überlebenstechniken unter dem ausdrücklichen Segen Gottes? Hoffen wir nicht dass Gott in seiner Kirche, auch der architektonischen Version im Quartier, selbst anwesend ist? Steckt nicht in der Person und Biographie Jesu jede Menge «Post-» und «Trans-», die die humanistischen Deutungen dem Gottessohn ausgetrieben haben? 

moralische Ausrichtung

Ungeachtet, welche Probleme mit AI sonst noch verbunden sind, konfrontiert sie die Theologie mit dem Risiko falscher Analogieschlüsse: Wenn die Theologie ausschliesslich der menschlichen Erkenntnis vorbehalten sein soll, muss geklärt werden, worin die exklusive Gattungssensorik besteht. Dass die menschliche Seele nicht das einzige religiöse Rezeptionsorgan ist, bestätigen die Erwartungen der Menschen der Bibel, dass die Berge Gott loben und die Flüsse in die Hände klatschen (Ps 98,8; 103,22). Wenn das Natürliche einen theologischen Vorrang vor dem Künstlichen haben soll, muss geklärt werden, wie diese Priorisierung mit der Erlösungsbedürftigkeit der Schöpfung zusammengeht. Wenn maschinelles deep learning wegen der Nichtidentifizierbarkeit eines Subjekts verdächtig ist, muss geklärt werden, wie die neuzeitliche autonome Person im Modus der Neuschöpfung (Gal 2,20) gedacht werden kann. Unbestreitbar ist dagegen die fehlende oder korruptionsanfällige moralische Ausrichtung von Techniken. Aber aus biblischer Sicht sind Erkenntnis und Gehorsam keine Frage von Moral, wie das Selbstmordattentat des «Auserwählten Gottes», Simson, (Ri 13–16) verdeutlicht. Mit seiner unbändigen Kraft brachte der einen Philistertempel zum Einsturz und damit 3.000 Frauen und Männern den Tod: technisch ausgeklügelt, ethisch fatal und theologisch eine Heldentat. 

Wenn maschinelles deep learning wegen der Nichtidentifizierbarkeit eines Subjekts verdächtig ist, muss geklärt werden, wie die neuzeitliche autonome Person im Modus der Neuschöpfung (Gal 2,20) gedacht werden kann.

Offen bleibt die Frage, was Chat-GPT und ihre Schwestern theologisch zu leisten vermögen. Einen Schritt weiter bringen sie uns aber bei der Frage, was wir von uns und unseren Theologien realistisch erwarten können.  

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Frank Mathwig

Prof. Dr. theol.
Beauftragter für Theologie und Ethik

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