Bettag 2023: Dank und Busse, Kirche und Politik

Am 17. September feiern wir in der Schweiz den Eidgenössischen Dank-, Buss- und Bettag. Aber passt das noch zu einem säkularen Staat, dessen Bürgerinnen und Bürger sich an unterschiedlichen Weltbildern orientieren und verschiedenen Religionen angehören? Über die bleibende Bedeutung des Bettags haben in einem Podcast-Gespräch, das Felix Reich, der Redaktionsleiter von reformiert. führt, der Nationalratspräsident Martin Candinas und die EKS-Präsidentin Rita Famos diskutiert.

Candinas erinnert sich, wie er den Bettag früher eher als Einschränkung wahrgenommen hat. Heute ist der Bettag für ihn eine wichtige Erinnerung an das, wofür wir in der Schweiz dankbar sein dürfen: Dass wir uns aufgerafft haben und zwischen den Kantonen und Konfessionen mit dem Bundesstaat ein einigendes Band entstanden ist, das Frieden fördert und ein gutes Zusammenleben zwischen Menschen mit unterschiedlichen Meinungen, Wünschen und Hoffnungen erlaubt. Daraus leitet er eine Verantwortung auch gegenüber weniger privilegierten Menschen, in unserem Land und über die Landesgrenze hinaus, ab.

Famos betont, wie wichtig gerade der antiquiert klingende Begriff «Busse» heute ist. Um Verzeihung bitten und Fehler zugeben schafft nicht nur zwischen Personen, sondern auch in der Gesellschaft ein Vertrauen, das unser Zusammenleben fördert und uns untereinander verbindet. Candinas betont, dass Busse als Wort vielleicht aus der Zeit gefallen sei, aber darin auch die Chance liege, nicht den Begriff zu zerreden, sondern die Werte, wie Barmherzigkeit und Solidarität, die in ihm konserviert werden, zu leben. Dankbarkeit und eine gute Fehlerkultur seien wichtig für Politik aber auch in der Kirche.

Ursprünglich wurde der Bettag auch als Heilmittel gegen die konfessionellen Gräben eingeführt. Diese spielen heute kaum noch eine Rolle. Die ökumenischen Beziehungen und die interreligiösen Gespräche betonen viel stärker das Verbindende und Gemeinsame. Gleichzeitig zeigt sich, wie unsere Gesellschaft zunehmend polarisiert wird, wie Extrempostionen das gesellschaftliche Band mürbe machen. Beide Gäste sind sich einig, dass dabei Religionsgemeinschaften heute primär eine Ressource und weniger eine Gefahr darstellen.

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Stephan Jütte

Dr. theol.

Leiter Theologie und Ethik
Mitglied der Geschäftsleitung

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