Präsidentin mit Weitsicht

Eine Rückschau auf die neunte GEKE-Vollversammlung

Sie ist die neue geschäftsführende Präsidentin der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa: Rita Famos. Die Präsidentin der EKS freut sich auf ihr neues Amt, sieht den Herausforderungen aber auch mit Respekt entgegen. Ausserdem erklärt sie, wie das starke Engagement der EKS in der GEKE historisch gewachsen ist.

Glückwunsch zur Wahl zur geschäftsführenden Präsidentin der GEKE: Sie haben in der Abschluss-Medienkonferenz vier Themen genannt, die die Vollversammlung der GEKE als thematische Schwerpunkte für die nächsten sechs Jahre verabschiedet hat: Menschenbild, Konfessionalität, Ökumene, Migration/Flucht/Friedensethik. Können Sie Beispiele herausgreifen?

Die Vollversammlung als oberstes Organ der GEKE beschliesst jeweils die Themen, an denen die GEKE zusammen mit ihren Mitgliedkirchen weiterarbeiten soll. Das Thema Menschenbild beschäftigt die protestantische Theologie besonders: Wir wollen grundsätzlich über die Rolle des Menschen in der Welt nachdenken. Welche Verantwortung hat er gegenüber den Mitgeschöpfen im Zusammenhang mit der Klimakrise und welche guten Gründe gibt es, individuelle Freiheiten zugunsten eines grösseren Ganzen einzuschränken? Wir werden diese Fragen nicht im luftleeren Raum diskutieren, sondern konkret anhand der Herausforderungen, die uns künstliche Intelligenz, Klimakrise oder Migration stellen. Gespräche und Austausch wollen wir auch zum Thema «Konfessionalität» führen: Was heisst es konfessionelle Kirchen zu sein in Zusammenhang mit den schnell wachsenden postkonfessionellen christlichen Bewegungen?

Wie arbeitet die GEKE zwischen den Vollversammlungen und welche Arbeit erwartet Sie als «geschäftsführende Präsidentin»?

Der 13-köpfige Rat (mit 13 Stellvertretungen im Hintergrund) hat nun die Aufgabe, zusammen mit dem Generalsekretär und seinem Team die 16 Beschlüsse umzusetzen. Das heisst, gut durchmischte Arbeitsgruppen einzuberufen, ihnen Mandate zu erteilen, ihre Arbeit zu begleiten. Der Rat trifft sich zwei Mal pro Jahr, teilweise auch online. Drei der 13 Ratsmitglieder bilden das Präsidium, das die Ratssitzungen vorbereitet und moderiert. Als «geschäftsführende Präsidentin» bin ich zusätzlich noch die Vorgesetzte des Generalsekretärs und zeichnungsberechtigt. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit den Ratskolleginnen und -kollegen aus ganz Europa.

Das Engagement der EKS in der GEKE hat eine lange Tradition. Woher kommt das?

Von Anfang an – also seit 1973 – war die reformierte Schweiz sehr engagiert im Zustandekommen der Konkordie und der Weiterentwicklung der Kirchengemeinschaft. Unsere Mitgliedkirchen sind gleich in mehreren Regionalgruppen der GEKE engagiert: St. Gallen ist in der Südosteuropagruppe und in der Konferenz der Kirchen am Rhein KKR tätig, Aargau bei der KKR und die Kirchen der Romandie sowie Bern-Jura-Solothurn und Graubünden sind im regelmässigen Austausch der Conference des Églises protestantes des pays latins d’Europe CEPPLE. Das gibt viele Kontakte zu anderen Kirchen Europas und macht die GEKE zu einem wichtigen Netzwerk für die EKS-Mitgliedkirchen. Alle meine drei Vorgänger waren übrigens ebenfalls geschäftsführende Präsidenten.

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Rita Famos an der GEKE-Vollversammlung in Sibiu (Foto: Gemeinschaft evangelischer Kirchen Europas)

Ganz persönlich: Wie haben Sie die Vollversammlung erlebt?

Es war eine Horizonterweiterung und Ermutigung im Kontakt mit den Protestantischen Kirchen Europas zu sein. Besonders hervorheben möchte ich die mehrsprachigen Gottesdienste, mit tiefen, geerdeten liturgischen Texten und neuen sowie traditionellen Kirchenliedern aus ganz Europa. Und in den Debatten in Gruppen sowie im Plenum ist mir aufgefallen, welche Dialogkompetenz die GEKE-Kirchen in den letzten 50 Jahren entwickelt haben. Unterschiedliche Positionen werden nicht schöngeredet, aber man begegnet einander mit Respekt und versucht im Gespräch erst einmal zu verstehen, bevor man urteilt.

Das Interview wurde im September 2024 schriftlich geführt.

Predigt von Rita Famos im Abschlussgottesdienst der Vollversammlung: Wir halten fest an der Einheit

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Michèle Graf-Kaiser

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